Mit Gott im Bunde - zum Sonntag Exaudi

Mit Gott im Bunde - zum Sonntag Exaudi

Liebe Schwestern und Brüder,

einer der großen deutschen Fernsehsender hat, sicher weil es gerade deutlich weniger andere Möglichkeiten zur Zerstreuung gibt, als sonst, in seiner Mediathek einige echte Filmklassiker zur Verfügung gestellt. Die guten alten Karl-May-Filme aus den 60er Jahren.
Da waren Helden und Schurken meistens noch sortenrein zu unterscheiden, die Welt auf der Leinwand war einigermaßen übersichtlich.
Vielleicht ist das es, wonach wir uns sehnen, jetzt, wo die Pandemie uns Sorgen macht und wir verunsichert hin- und herschauen zwischen den Einen, die warnen und den Anderen, die dringend weitere Lockerungen wollen.
Außerdem verknüpft vermutlich ein großer Teil der Zuschauer diese Filme mit der eigenen Jugend, als sie sie zum ersten Mal gesehen haben – einer für die hoffentlich meisten von ihnen, zumindest in der Rückschau, weitgehend sorgenfreien Zeit.
Ich habe mich jedenfalls selbst dabei ertappt, dass ich im Moment immer wieder Bücher aus dem Regal hole, die da schon während meiner Schulzeit standen – auch wenn es sich dabei nicht unbedingt um anspruchsvolle Literatur handelt.
Aus Karl Mays „Winnetou I“ vielen bestens in Erinnerung ist die Szene, bei der Intschu tschuna in Winnetous Unterarm ritzt und einige Blutstropfen in einer Wasserschale auffängt. Bei Old Shatterhand tut er das gleiche mit einer anderen Schale. Das Blut wird jeweils mit Wasser vermischt und wechselseitig getrunken.
Winnetou und Old Shatterhand schließen Blutsbrüderschaft. Sie schließen einen unauflöslichen Bund, indem jeweils der eine den anderen sozusagen in seinem Innersten – nach der Interpretation Karl Mays: in seine Seele – aufnimmt.
Nun habe ich zwar ernste Zweifel daran, dass ein solches Vorgehen unter dem Gesichtspunkt des Infektionsschutzes empfehlenswert ist.
Klar aber ist, dass der Gedanke eines festen Bundes, besiegelt dadurch, dass der eine etwas vom anderen in sich aufnimmt, älter ist als Karl Mays Winnetou.
Und zwar wirklich viel älter.
Der Beweis für meine Behauptung ist der Predigttext für den Sonntag Exaudi (Jeremia 31, 31-34). Er ist etwa 2600 Jahre alt und er bezeugt einen solchen Bund. Dieser Abschnitt aus dem Buch des Propheten Jeremia ist in den deutschsprachigen Bibelausgaben meistens mit der Überschrift „Der neue Bund“ – versehen.
Vom Thema „Bund“ verstehen wir ja etwas in Deutschland. Schließlich leben wir in der Bundesrepublik. Unsere Parlamentarier kommen im Bundestag zusammen, der Bundesgesundheitsminister ist derzeit beinahe täglich in aller Munde und unsere Steuern landen am Ende beim Bundesfinanzministerium.
Sind wir in Deutschland also Bundesexperten? Na ja, ich weiß nicht. Lassen Sie uns lieber über den Begriff „Bund“ noch etwas nachdenken.
Im Alten Orient war das Wort „Bund“ sehr geläufig. Es kommt vor allem in zwei Zusammenhängen vor.
Der erste davon hat es mit „Eid“ und „Verpflichtung“ zu tun. Zwei Partner – das können Einzelpersonen, Familienoberhäupter, Herrscher oder Staaten sein – geben eine gleichlautende Willenserklärung ab.
Dafür kennen wir natürlich noch heute zahlreiche Beispiele. Auch wenn zurzeit manche Bündnisse etwas angespannt erscheinen. Die EU zum Beispiel in der Frage der Corona-Bonds und der Grenzöffnungen.
Und mit dem Bündnispartner USA, deren derzeitiger Präsident seine Maxime „America first“ aktuell offenbar so interpretiert, dass er einen Corona-Impfstoff, wenn er denn entwickelt ist, zuerst für die USA sichern will, um sich einen Vorsprung zu verschaffen – mit einem solchen Partner können Bündnisse schon anstrengend werden.
Schauen wir vielleicht lieber auf den zweiten Zusammenhang, in dem das Wort „Bund“ im Alten Orient vorkommt. Dabei handelt es sich um den sicher am häufigsten geschlossenen Bund, mit unseren heutigen Worten: den Bund der Ehe.
Diesem Bund liegt in der Regel keine kühle Vertragslogik zugrunde, sondern etwas in seiner Qualität gänzlich anderes: nämlich Liebe.
Und damit kommen wir dem Bund, von dem Jeremia schreibt, schon ganz nahe. Denn seinen Bund mit einem kleinen, machtlosen Hirtenvolk, seinem Volk Israel, schloss Gott einst ebenfalls aus Liebe.
Die Geschäftsgrundlage für den Bund hatte er auf zwei steinernen Tafeln aufgeschrieben. Ziemlich weit vorne stand darauf: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“
Doch als die Zeiten unsicher wurden, tanzten seine Bündnispartner lieber ums goldene Kalb, ihren Do-it-yourself-Gott. Mit ihnen war auf diese Weise offenbar – sehr frei nach Schiller -  kein ew’ger Bund zu flechten.
Aber dennoch startet Gott einen zweiten Versuch. Nur diesmal macht er es anders. Das Besondere bei diesem neuen Bund ist: diesmal schreibt er sein Gebot nicht auf steinerne Tafeln, sondern ihnen direkt ins Herz.
Das erinnert jetzt schon ein bisschen an „Blutsbrüderschaft“.
Das Herz gilt im Alten Orient nicht als reines Gefühlsorgan, sondern vor allem als Sitz des Verstandes und der Seele. Gott gibt ihnen und uns damit die Möglichkeit, zurück zu kommen auf den Weg zu ihm.
Ja, auch uns. Denn wir sind mit hineingenommen in den Horizont von Gottes Bundesangebot mit seinem Volk – durch den Juden Jesus Christus.
Das Zeichen, das er dafür gesetzt hat, hat auch wieder mit Blut zu tun: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut…“.
Immun davor, unter Druck zu geraten ist auch dieser Bund dennoch leider nicht. Die Versuchung, das Leben mithilfe selbstgemachter Götter – Geld, Macht und Einfluss zum Beispiel – aus eigener Kraft in den Griff zu kriegen, lockt scheinbar heute wie damals.
Dennoch sagt Gott uns zu, dass sein Angebot steht, dass er bündnistreu bleibt und uns die Möglichkeit offenhält, ihn ins Herz zu lassen.
Wer sich seinen Bund zu Herzen nimmt, sozusagen verinnerlicht, wird bereit dafür, Gottes liebevolle Begleitung zu erfahren. Und seine Liebe wird niemals aufhören.
Die Aussicht darauf kann unseren Blick weiten, weit über Corona hinaus.

Bleiben Sie/bleibt alle von Gott behütet.

Herzliche Grüße,

Ihr/Euer

Martin Bach

PS: Seit dem 10. Mai laden wir in der Friedenskirche wieder ganz herzlich zu unseren regelmäßigen Gottesdiensten ein. Im Rahmen des geltenden Hygieneschutzkonzepts bitten wir alle, die teilnehmen möchten, sich bis jeweils zwei Tage vorher beim Pfarramt unter Tel.: 06332/75125 oder per E-Mail anzumelden.

 

Prot. Pfarramt Zweibrücken-Ixheim
Pfarrer Martin Bach
Kirchbergstraße 31
66482 Zweibrücken
Tel.: 06332/75125
E-Mail: pfarramt.zw.ixheim@evkirchepfalz.de