Bitte

Hilde Domin "Bitte" - Gedanken zum Gedicht

Im Jahre 2008/2009 absolvierte ich eine Ausbildung in Klinischer Seelsorge. Neben Besuchen im Krankenhaus und Einheiten zu psychologischen Themen beschäftigten wir Kursteilnehmer uns auch mit literarischen Texten zu Themen wie Krankheit, Leiden oder auch persönliche und gesellschaftliche Krisen. 

Ein Text, den wir im Rahmen dieser Ausbildung behandelten und der mir im Zusammenhang mit der Corona-Krise wieder in den Sinn kam, ist das Gedicht „Bitte“ der jüdischen deutschen Lyrikerin Hilde Domin (1909-2006).

Hier einige Auszüge davon:

„…Wir werden eingetaucht

und mit den Wassern der Sintflut gewaschen
Wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut …“

Sie schreibt, man werde im Leben „durchnässt bis auf die Herzhaut“. Die Zahl der Neuerkrankten und der Verstorbenen, die ich jeden Tag in Radio und Fernsehen erfahre, aber auch der Stillstand des öffentlichen und kirchlichen Lebens - ja, ich bin von dem Ausmaß der Corona-Pandemie getroffen und betroffen wie nie zuvor – bis ins Innerste, sozusagen tatsächlich bis auf die Herzhaut.

Wenn ich weiterlese

„ …der Wunsch verschont zu bleiben
taugt nicht …“,

denke ich daran, was in der momentanen Situation alles getan wird, um die Ansteckungsgefahr zu senken – und wie hilflos diese Bemühungen erscheinen, wenn man die Situation in Italien und Spanien betrachtet.
Und was empfiehlt uns als Einwohnerinnen und Einwohnern der Rosenstadt Zweibrücken Hilde Domin?

„Es taugt die Bitte …
dass noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden“ 

und dass wir – nicht nur hier in Zweibrücken -

„… aus der Flut
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.“ 

Ich wünsche uns allen in dieser Situation das rechte Augenmaß, Durchhaltevermögen und vor allem den reichen Segen Gottes.

Ihr Axel Schwetzka