Vorpfingstliche Gedanken

Pfarrer Axel Schwetzka: Einige vorpfingstliche Gedanken in der Corona-Krise

Abschied und Veränderung als Mühe und Chance.
Einige vorpfingstliche Gedanken in der Corona-Krise

 Am letzten Sonntag haben wir in verschiedenen Kirchen unserer Stadt zum ersten Mal wieder einen öffentlichen Gottesdienst gefeiert – unter besonderen Bedingungen. Es war für mich als Pfarrer schon etwas ungewohnt, vom Altar aus auf eine Gruppe von Menschen mit Mund-Nase-Schutz zu blicken, die wegen des Abstandsgebotes ziemlich verstreut in den Bänken der Krankenhauskapelle im Nardini-Klinikum verteilt waren.
In den biblischen Texten, die zur Zeit in der Liturgie der katholischen Kirche gelesen werden, geht es darum, dass Jesus seine Jünger darauf vorbereitet, dass er zum Vater im Himmel geht und sie von ihm Abschied nehmen müssen.
Die bleibende Verbindung zwischen Jesus und seinen Jüngern ist der Heilige Geist. Er hinterlässt sozusagen seine Telefonnummer.
Die Möglichkeiten von Telefon und Internet haben viele ja auch in den letzten Wochen ganz neu entdeckt. Sie ersetzen zwar den persönlichen Kontakt in der gewohnten Form nicht, eröffnen dafür aber ganz neue Möglichkeiten. Ich habe gehört, dass Familien in Telefonkonferenzen miteinander gesprochen haben, obwohl die Mitglieder an ganz unterschiedlichen Orten waren.  Vorher hätte man meist nur mit einer oder einem Anderen telefonieren können, der die Nachricht dann weitergibt.
Ähnlich geht es auch den Jüngern Jesu. Sie leiden unter dem Abschied Jesu und seiner Himmelfahrt. Aber der Heilige Geist eröffnet auch ihnen ungeahnte Möglichkeiten. Ohne den Heiligen Geist wäre die Kirche eine Clique von Freundinnen und Freunden Jesu geblieben; mit ihm und durch ihn ist sie zur Weltkirche geworden, die zwar in einige Konfessionen gespalten ist, die sich aber doch an den Glauben an und die Beziehung zu Jesus Christus als gemeinsames Fundament erinnern soll und darf.
Der Heiligen Geist verbindet uns über alle Konfessionsgrenzen hinweg als Christinnen und Christen. Er lädt uns dazu ein, aneinander zu denken, füreinander zu beten und auch ganz praktisch dort einander zu helfen, wo wir die Hilfe anderer brauchen.
Der Heilige Geist hat in der Kirche immer für neuen Schwung und neue Ideen gesorgt – so auch in dieser Corona-Pandemie. So viel Neues entsteht, Entwicklungen sind plötzlich möglich, von denen vor einigen Monaten noch niemand etwas geahnt hat.
Vielleicht bringt uns ja auch die Corona-Krise – neben viel zu vielen Menschen, die in Deutschland und weltweit gestorben sind und tagtäglich sterben, neben der Abkehr von lieb gewordenen Verhaltensweisen – auch die Befreiung von so manchem „alten Zopf“, der Menschen schon immer am Leben gehindert oder im Leben behindert hat.
Ich wünsche es uns persönlich, unserer Stadt, unserer Welt und unserer christlichen Glaubensgemeinschaft von ganzem Herzen.

Axel Schwetzka  

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