Hoffnungsreigen - zu Christi Himmelfahrt

Liebe Schwestern und Brüder,
Schlager sind zwar gelegentlich musikalisch nicht sehr anspruchsvoll, aber oft sehr populär. Und manche bleiben jahrzehntelang im Ohr.
Vielen fällt die Melodie, die in der Vorkriegszeit komponiert wurde, um die Schönheit eines gewissen Sigismund zu besingen, heute noch sofort ein. Genauso könnten sie mit Caterina Valente und ganz Paris von der Liebe träumen oder mit Cindy & Bert immer wieder sonntags trällern.
Manche Schlager werden sogar so populär, dass sie beinahe ein Eigenleben zu führen beginnen. Ein gutes Beispiel stammt aus dem Film „Die sieben Ohrfeigen“ von 1937 mit Lilian Harvey und Willy Fritsch.
Ich vermute, der Filmtitel sagt Ihnen erstmal nichts. Aber wenn Sie die erste Textzeile des bekanntesten Liedes aus diesem Film hören, dann entstehen in Ihrem Innern ganz bestimmt sofort die dazu passenden Töne: „Ich tanze mit dir in den Himmel hinein…“.
Dieser Schlager hat wirklich so etwas wie ein Eigenleben entwickelt. Im Jahr 1952 ist ein ganzer Spielfilm daraus entstanden (mit Johanna Matz, Adrian Hoven und Paul Hörbiger), der den selben Titel hat wie dieses Lied.
„Ich tanze mit dir in den Himmel hinein“ – diesen Schlager hatte ich sofort im Ohr, als ich den Predigttext für den Himmelfahrtstag gelesen habe, aus dem 17. Kapitel des Johannesevangeliums (Johannes 17, 20-26). Mit einiger Berechtigung könnten Sie mich allerdings fragen: wieso?
Denn schließlich ist in diesem Abschnitt weder vom Tanzen die Rede, noch wird vom Himmel gesprochen.
Sie könnten sogar fragen, was der Predigttext, den unsere Kirche für diesen Feiertag ausgesucht hat, mit Himmelfahrt zu tun hat, denn auch das, die Himmelfahrt Jesu, kommt in diesem Abschnitt aus dem Johannesevangelium gar nicht ausdrücklich vor.
Lassen Sie mich also versuchen, auf Ihre berechtigten Fragen zu antworten.
Zuerst zu der Sache mit dem Tanzen: Wenn man diesen Text liest, dann ist es – ich gebe es unumwunden zu – gar nicht so einfach, ihm zu folgen.
Was man aber, finde ich, beim Lesen spürt, ist, wie der Schreiber des Johannesevangeliums in diesen Sätzen mit immer wieder neuen Schritten und Wendungen doch stets das gleiche Thema umkreist.
Und das wirkt dann wie ein Tanz, wie ein Reigen, wo immer wieder andere Tanzschritte aus derselben Melodie, dem selben Rhythmus entstehen.
Auf diesen Gedanken habe ich übrigens kein Patent. Schon die frühen Theologen und Ausleger haben das ganz ähnlich empfunden und gedeutet.
Das bestimmende Thema, das in den verschiedenen Tanzschritten und Tanzfiguren des Abschnitts ausgedrückt wird, ist: das Eins-Sein.
Es geht um eine enge Verbindung, um einen Gleichklang und Gleichtakt zwischen mehreren Personen, ein „Umeinander-herum-schwingen“, ein Ineinanderschreiten, wie der griechische Begriff der alten Theologen dafür übersetzt lauten könnte.
Die verschiedenen Tanzschritte des Einsseins reihen sich dann so aneinander, dass zuerst vom Einssein bzw. Einswerden der Gläubigen die Rede ist. Für diejenigen, die an ihn glauben, betet Christus, dass sie eins werden.
Wenn wir zu Christi Himmelfahrt (und vielen anderen Gelegenheiten) in ökumenischer Verbundenheit in Ixheim miteinander Gottesdienst feiern, wie es bei uns schon lange gute und selbstverständliche, vielseitig gelebte Praxis ist, dann folgen wir damit ganz direkt den Schritten, die Christus im Johannesevangelium beschreibt.
An der Fassade des Speyrer Doms sind die Worte vom Anfang dieses Predigttextes in lateinischer Sprache angebracht und erinnern damit an Jesu Gebet um die Geschwisterlichkeit der Glaubenden.
Dieses Einssein, diese Verbundenheit, gilt aber natürlich nicht nur für Ixheim oder das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz. Jesu Bitte um das Einssein gilt weltweit.
Und das bedeutet dann gleichzeitig, dass die Christinnen und Christen gemeinsam auch eine weltweite Verantwortung tragen.
Mehr als je zuvor in der Geschichte sind wir heutigen Menschen über alle Länder und Kontinente verbunden. Das, was in einer anderen Weltgegend geschieht, hat oft spürbare Auswirkungen auf uns. Genauso wie das, was wir tun, das Leben von Menschen, die weit entfernt von uns zuhause sind, beeinflusst.
Wie sehr die heutige Menschheit weltweit vernetzt ist, hat kaum etwas in den letzten Jahrzehnten so eindrücklich gezeigt, wie die Ausbreitung des Coronavirus.
Als Christinnen und Christen wissen wir, dass hier weltweite Solidarität gefragt ist, um mitzuhelfen, die Auswirkungen der Pandemie einzudämmen – auch in den Ländern, die sich Schutzmaßnahmen aus eigener Kraft nicht leisten können.
Der zweite Tanzschritt des Reigens aus dem Johannesevangelium hat es mit dem Einssein von Gott und Christus zu tun.
Das ist uns heute, obwohl jahrhundertelang darüber gestritten wurde, wie das zu verstehen sei, gut vertraut. Mit dem Heiligen Geist als Drittem im Bunde ist die Dreieinigkeit eine der beinahe selbstverständlichen Grundlagen unseres Glaubens geworden.
Der dritte Tanzschritt des Predigttexts, der aus dem zweiten direkt folgt, hat großartige Folgen, für diejenigen, die sich an Christus halten.
Denn er geht so: Christus ist eins mit dem Vater und die Glaubenden, so betet Christus, sollen eins sein mit ihm, sodass sie auf diese Weise auch mit dem Vater verbunden sind: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein…“ – sagt Christus in diesem Abschnitt.
Diese Bitte Christi begründet unsere große Hoffnung. Gott selbst verbindet sich durch Christus mit uns, die wir ihm vertrauen. Dieses Einssein gilt, in den Zeiten der Freude und mindestens genauso in denen der Bedrängnis und der Sorgen, wie wir sie uns jetzt vielleicht machen.
Es gilt, solange unser Leben hier auf der Erde währt und sogar darüber hinaus.
Jetzt, liebe Schwestern und Brüder,
bleibt eigentlich nur noch zu klären, was das Ganze mit Himmelfahrt zu tun hat.
Nun, ich habe schon ein paar Mal gesagt, dass Jesus in diesem Predigttext betet. Es handelt sich dabei um eines der berühmtesten Gebete der Bibel, das sogenannte „hohepriesterliche Gebet“.
Manche sehen darin Jesu Testament. Denn es steht am Schluss der Abschiedsreden Jesu, also der Worte, mit denen sich Jesus von seinen Jüngern verabschiedet und sie darauf vorbereitet, dass er nicht mehr leiblich bei ihnen sein wird.
Sein Versprechen dabei aber ist, dass er, wenn er in den Himmel auffährt, eben gerade nicht unerreichbar wird, sondern viel eher nicht mehr an einen bestimmten Ort der Erde gebunden sein wird, sondern überall da sein will, wo Menschen in ihn ihr Vertrauen setzen.
So ist Himmelfahrt eigentlich gar kein Abschiedsfest, sondern ein Fest der Hoffnung. Der Hoffnung, die daraus entsteht, dass Christus uns nahe kommen will.
Überall. Zu jeder Zeit. Auch jetzt.
Gerade jetzt.
Bleiben Sie/bleibt alle von Gott behütet.

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer
Martin Bach
PS: Seit dem 10. Mai laden wir in der Friedenskirche wieder ganz herzlich zu unseren regelmäßigen Gottesdiensten ein. Im Rahmen des geltenden Hygieneschutzkonzepts bitten wir alle, die teilnehmen möchten, sich bis jeweils zwei Tage vorher beim Pfarramt unter Tel.: 06332/75125 oder per E-Mail anzumelden.
PPS: Einige meiner Überlegungen zum Predigttext für den nächsten Gottesdienst werden zusätzlich auch in einem Videobeitrag aus der Reihe „Gedanken zum Sonntag“ des Offenen Kanals am 24. Mai zu hören (und zu sehen) sein.

Prot. Pfarramt Zweibrücken-Ixheim
Pfarrer Martin Bach
Kirchbergstraße 31
66482 Zweibrücken
Tel.: 06332/75125
E-Mail: pfarramt.zw.ixheim@evkirchepfalz.de