Gottes Geist erfüllt - zum Pfingstsonntag

Gottes Geist erfüllt - zum Pfingstsonntag

Liebe Schwestern und Brüder,

an der Frage der Geisterspiele scheiden sich derzeit die Geister. Viele lehnen Fußballspiele ohne Zuschauer grundsätzlich ab, manch andere haben intensiv darauf gedrängt, dass wenigstens in dieser Form der Ball wieder rollen darf und man die Matches am Fernseher verfolgen kann.
Geisterspiele waren ja bisher eigentlich als drastische Strafe gedacht, wenn Randalierer im Stadion für Ausschreitungen gesorgt hatten. Der Verband kann in einem solchen Fall ein Geisterspiel anordnen – und das bedeutet dann herbe finanzielle Einbußen für die betroffenen Vereine.
Das trifft sicher für die Geisterspiele, die jetzt in Corona-Zeiten stattfinden, genauso zu. Bei den großen Erstligavereinen stehen aber finanziell die Einnahmen aus den Fernsehübertragungen eben viel eher im Vordergrund. Dafür braucht’s kein Publikum auf den Rängen.
Also lautete der Beschluss, dass Fußball gespielt werden muss, zur Not halt auch ohne Zuschauer im Stadion.
Gut, man muss jetzt schon Fußballfan sein, um die Erregung in der Debatte um die Geisterspiele zu verstehen.
Die weniger Aufgeregten fragen sich, ob das gerade unser drängendstes Problem ist, ob der Aufwand, zum Beispiel die große Zahl von Corona-Tests, die dafür gebraucht werden, gerechtfertigt ist und ob es nicht mindestens ebenso wichtig wäre, den kleineren Vereinen finanziell dabei zu helfen, Breitensport infektionsgeschützt anbieten zu können.
Und man kann sich sicher auch fragen: ein Fußballspiel ohne richtige Stadionatmosphäre, ohne mitfiebernde Fans und Torjubel, ein Geisterspiel also, ist das nicht – um im Bild zu bleiben – eher gruselig? Kann ein Geisterspiel überhaupt begeistern? Ist da vom Geist des Fußballs noch was zu spüren?
Oder ist da nicht die Luft raus? Stellen Sie sich mal einen Fußball vor, bei dem die Luft raus ist, der schlapp auf dem Rasen hängt. Der löst jedenfalls wenig Begeisterung aus.
Wie sehr dagegen ein Luftstrom wirklich be-Geist-ern kann, davon erzählt die Pfingstgeschichte, der Predigttext für den Pfingstsonntag (Apostelgeschichte 2, 1-21).
Da sitzen zu Anfang der Erzählung die Jüngerinnen und Jünger ziemlich schlapp beieinander. Die Luft scheint raus, seit Jesus nicht mehr da ist, seit seiner Himmelfahrt.
Sie sind auf Distanz gegangen, haben sich abgekapselt von der Welt, sitzen zusammen in einem Raum, während draußen das Leben an ihnen vorbei zu pulsieren scheint.
Ein Gefühl, das zurzeit manche nachempfinden können.
Draußen vor der Tür, damals in Jerusalem, wird ein großes Fest gefeiert, zu dem Menschen aus aller Herren Länder in die Stadt gekommen sind. Wie jedes Jahr zum Wochenfest, zu Schawuot.
Aber den Jüngern ist nicht nach Großveranstaltungen zumute. Sie sind verunsichert, bleiben lieber unter sich. Freiwillige Quarantäne sozusagen. Die Jünger im Home Office.
Plötzlich bricht in der räumlichen Abgeschiedenheit ein gewaltiger Sturm los, die Luft, der Wind braust durch das ganze Haus. Indoor hat man das noch nicht erlebt.
Feurige Zungen setzen sich auf jeden von ihnen. Sie sind das Zeichen dafür, dass Gott das Versprechen, das Jesus bei seiner Himmelfahrt gemacht hatte, einlöst. Er sendet seinen Heiligen Geist, der die Jünger erfüllt.
Bei den solcherart Be-Geist-erten kommt eine grandiose Aufbruchsstimmung auf und sie vollbringen Wunderbares.
Die Menge der Festbesucher, die das aufsehenerregend stürmische Phänomen hatte neugierig zusammenströmen lassen, hören die Jünger, die alle Aramäisch sprachen, jeweils in ihrer eigenen Muttersprache predigen. Und das waren jede Menge Sprachen, von allen Enden der damals bekannten Welt.
Die vom Geist Erfassten geraten regelrecht aus dem Häuschen, sind Feuer und Flamme. Und das wirkt dann schon ein wenig anders als unsere gewohnten Gottesdienste.
Das erste Pfingsten in Jerusalem, die Ankunft des Heiligen Geistes, wirkt auch wie das Gegenteil von einem Geisterspiel. Schon eher erinnert die Atmosphäre an ein Fußballstadion mit großem Publikum, bei dem die Heimmannschaft gerade das Tor zum Aufstieg geschossen hat.
An Pfingsten allerdings ist es der Heilige Geist, der Menschen neu entflammt – und zwar für Gottes gute Botschaft.
Drei Dinge sind es, die ich vor allem mitnehmen will aus dieser Geschichte.
Das Erste: Gottes Geist will Menschen erfüllen. Nicht nur so irgendwie anhauchen oder streifen. Er möchte uns ganz ausfüllen. „Sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist“, heißt es im Predigttext.
Die Jünger hatten sich zuvor kraft- und nutzlos, leer und schlapp gefühlt, wie ein Ball, bei dem die Luft raus ist. Ein Gefühl, das viele kennen. Auch heute.
Die Zusage von Pfingsten dagegen ist, dass Gottes Geist diejenigen, die sich ihm öffnen, erfüllen will. Dass es dann keine Hohlräume mehr geben wird in den Herzen und Seelen. Hohlräume, in denen sich sonst gerne Unsicherheiten, Sorgen und Ängste breitmachen.
Gottes Geist will bei denen, die offen für ihn sind, will bei uns, in uns einziehen und mit seiner Kraft unser Lebensbegleiter sein.
Genauso belebend ist das Zweite, was mir an dieser Geschichte wichtig ist: Gottes Geist will uns, wie es sich bei den Jüngern gezeigt hat, den Mund aufmachen.
Und zwar, damit wir von unserem Glauben reden. Von dem, was uns im Scheitern trägt und von dem, was uns hoffen lässt.
Menschen mit Geistesgegenwart brauchen wir heute in unserer Kirche – deren Geburtstag wir ja an Pfingsten feiern – ganz besonders.
Menschen, die inmitten des beständig geschwätzigen, auch medialen, Grundrauschens von Gottes großen Taten sprechen. Und ebenso von den kleinen.
Von den alltäglichen Wundern, von einem Moment des Trostes in einer schweren Zeit, von einer Erfahrung des Bewahrtwerdens in Not.
Solche Menschen bringen einen frischen Wind in unsere Kirche.
Und das Dritte: Gottes Geist schafft Verständigung. Trotz der großen sprachlichen und kulturellen Vielfalt unter den Menschen, die da versammelt sind zu Pfingsten in Jerusalem, verstehen alle, was die Jünger über Gottes große Taten zu sagen haben.
Dass Menschen einander verstehen, das ist nicht selbstverständlich – auch wenn sie sich der gleichen Sprache bedienen.
Wir hatten selber schon oft genug das schmerzliche Gefühl, unverstanden zu bleiben. Kinder im Gespräch mit ihren Eltern – und umgekehrt, Frauen im Gespräch mit ihren Männern – und umgekehrt, Junge im Gespräch mit Alten – und umgekehrt.
Zwischen denen aber, die sich von ihm erfüllen lassen, will Gottes Geist Brücken bauen und sie zusammenführen.
Hier finde ich noch eine Beobachtung wichtig: Pfingsten heißt nicht, dass alle dieselbe Sprache sprechen. Es bedeutet nicht, dass die Unterschiedlichkeit der Sprachen und Kulturen in einem uniformen Einheitsbrei aufgehoben wird. Stattdessen hören alle die Botschaft der Jünger jeweils in ihrer eigenen Muttersprache, die ihren Wert und ihre Würde behält. So wird weltumspannendes Verstehen möglich.
Jetzt, wo Menschen in allen Ländern und Kontinenten durch das Virus vor die gleichen Herausforderungen gestellt sind, kann das zu einem passenden Rezept inspirieren. Nämlich: die jeweils von Land zu Land unterschiedlichen Problemlagen, aber auch Stärken wahrzunehmen und solidarisch an der Bekämpfung der Pandemie zu arbeiten.
Was ich mir außerdem noch in Erinnerung halten will aus der Pfingstgeschichte? Es ist der letzte Satz: „Und es soll geschehen: Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.«
Das bedeutet für mich: diejenigen, die sich Gott anvertrauen, werden seine Begleitung erfahren. Der Garant dafür ist Gottes Geist, den er geschickt hat zu Pfingsten und durch den er auch weiter unter uns wirkt.

Ihnen und Euch allen ein gesegnetes Pfingstfest.

Bleiben Sie/bleibt alle von Gott behütet.

Herzliche Grüße,

Ihr/Euer
Martin Bach

PS: Seit dem 10. Mai laden wir in der Friedenskirche wieder ganz herzlich zu unseren regelmäßigen Gottesdiensten ein. Im Rahmen des geltenden Hygieneschutzkonzepts bitten wir alle, die teilnehmen möchten, sich bis jeweils zwei Tage vorher beim Pfarramt unter Tel.: 06332/75125 oder per E-Mail anzumelden.


Prot. Pfarramt Zweibrücken-Ixheim
Pfarrer Martin Bach
Kirchbergstraße 31
66482 Zweibrücken
Tel.: 06332/75125
E-Mail: pfarramt.zw.ixheim@evkirchepfalz.de